Neuerungen zu den GoBD
Verfahrensrecht
Aktualisierte Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer
Form
Das Bundesfinanzministerium hat am 28. November 2019 aktualisierte Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) veröffentlicht. Diese treten mit Wirkung vom 1. Januar 2020 in Kraft.
Die Finanzbehörde hat künftig das Zugriffsrecht auf mit einem DV-System erstellte aufbewahrungspflichtige Unterlagen nicht nur bei steuerlichen Außenprüfungen, sondern in allen gesetzlich geregelten Fällen (z. B. auch Nachschauen). Zudem ist es künftig im Falle eines Systemwechsels
oder der Auslagerung aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtiger Daten aus dem Produktivsystem ausreichend, wenn nach Ablauf des 5.
Kalenderjahres, das auf die Umstellung folgt, nur noch der Z3-Zugriff ermöglicht wird.
Neben der generellen Fokussierung auf die Einzelaufzeichnungspflichten und die Zeitnähe von Buchungen, sind folgende Aspekte erneut hervorzuheben:
- Bildliches Erfassen, z. B. durch eine Mobile App, wird künftig einem stationären Scannen bei Einhaltung der erforderlichen Voraussetzungen (insb. Verfahrensdokumentation) gleichgestellt. Das bildliche Erfassen ist grundsätzlich auch im Ausland möglich.
- Bei sog. identischen Mehrstücken, d. h. Daten, die inhaltsgleich in strukturierter und bildhafter
Form vorliegen, ist die Aufbewahrung des Formats mit der höheren maschinellen Auswertbarkeit ausreichend. - Bei Konvertierung aufbewahrungspflichtiger Unterlagen in ein Inhouse-Format ist die Vernichtung des Originals zulässig, wenn eine inhaltsgleiche Archivierung erfolgt und die Daten einer maschinellen Auswertbarkeit zugänglich sind.
- Zudem ist künftig eine Referenzierung einer ursprünglichen Buchung zu deren Stornobuchung im Buchführungssystem verpflichtend vorzunehmen.
Kernpunkte der GoBD
Anwendungsrahmen
Die GoBD gelten für alle nach handels- bzw. steuerrechtlichen Vorschriften buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen und auch für alle Steuerpflichtigen, die freiwillig Bücher
führen. Grundsätzlich gelten sie für jeden Unternehmer (z.B. auch Einnahmenüberschussrechner und Freiberufler) sowie für aufzeichnungspflichtige Privatpersonen (z.B. Bauherren).
Unter die GoBD fallen alle elektronischen Systeme, die relevante Daten für die betriebliche
Buchführung liefern. Demnach ist nicht nur das Buchführungsprogramm betroffen, sondern auch
sog. Vor- und Nebensysteme. Das können z.B. elektronische Waagen, Zeiterfassungssysteme u.Ä.
sein. Auch eine separate Software zur Erfassung von Dienstreisen liefert z.B. Daten für die
Buchführung und fällt somit unter die GoBD.
Die Grundsätze im Einzelnen
Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit
Die elektronische Buchführung, inklusive des Datenoutputs ihrer Nebensysteme, muss so beschaffen
sein, dass sich die Betriebsprüfung im Rahmen des Datenzugriffs innerhalb angemessener Zeit einen
Überblick über die Vorgänge verschaffen kann. Die Verarbeitungskette vom eingehenden Beleg
(Papierbeleg oder elektronisch) über die Grundbuchaufzeichnungen, Journale und Konten bis hin zur
Steuererklärung muss auch im Rahmen der elektronischen Buchführung lückenlos nachvollziehbar
sein. Man kann sagen, alles, was für die Papierbuchhaltung gilt, ist sinngemäß auch bei der
elektronischen Buchführung anzuwenden.
Vollständigkeit
Jeder Geschäftsvorfall inklusive aller relevanten Informationen ist aufzuzeichnen.
Hinweis: Bei Rechnungen per E-Mail mit dem Dokument im Anhang muss die „Träger-E-Mail“ nur archiviert
werden, wenn diese weitergehende, relevante Informationen enthält.
Richtige und zeitgerechte Buchungen
„Richtigkeit“ bedeutet, dass die Aufzeichnungen in der elektronischen Buchführung mit den
tatsächlichen Vorgängen übereinstimmen müssen. Um dies auch gewährleisten zu können, muss ein
enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Geschäftsvorfall und endgültiger Verbuchung in der
elektronischen Buchhaltung bestehen.
Unbare Vorgänge – z.B. Überweisungen – sollten innerhalb von zehn Tagen in der Buchführung erfasst werden. Kasseneinnahmen und -ausgaben sind täglich zu erfassen. Bei periodischer Verbuchung kann davon abgewichen werden, wenn eine geordnet Belegablage und Dokumentation vorhanden ist. Hier kann die Buchung (im Sinne einer Festschreibung) auch nach Ablauf des Folgemonats vorgenommen werden, wenn die
Geschäftsvorfälle vorher fortlaufend richtig und vollständig festgehalten werden.
Ordnung und Veränderbarkeit
Bare und unbare Vorgänge müssen getrennt aufgezeichnet und verbucht werden. Dies spielt
insbesondere auch bei der Führung von Kassenbüchern im Rahmen der offenen Ladenkasse eine
wichtige Rolle. Ferner muss die Unveränderbarkeit aller Buchungen und buchführungsrelevanten
Aufzeichnungen sichergestellt bzw. müssen Änderungen im Rahmen einer Historie nachvollziehbar
sein.
Die neuen Erleichterungen
Belegdigitalisierung
In Papierform empfangene Handels- und Geschäftsbriefe sowie Buchungsbelege können in eine elektronische Form gebracht und archiviert werden, etwa durch
Scannen oder Abfotografieren. Papierdokumente dürfen nach dem Einscannen vernichtet werden, soweit sie nicht nach außersteuerlichen oder steuerlichen Vorschriften im
Original aufzubewahren sind. Der Steuerpflichtige müsse entscheiden, ob Dokumente, deren Beweiskraft bei der Aufbewahrung in elektronischer Form nicht erhalten bleibe, zusätzlich in der Originalform aufbewahrt werden sollen. Bestimmte
Dokumente wie z.B. Urkunden und notarielle Verträge müssen jedoch im Original aufbewahrt
werden.
Im Rahmen der Neufassung wird nun klargestellt, dass auch das mobile Scannen bzw. Fotografieren
der Belege (z.B. mittels Smartphone) zulässig ist. Das elektronische Dokument muss hierbei bildlich
mit dem Original übereinstimmen.
Umwandlung und Aufbewahrung von Belegen
Im Rahmen der elektronischen Archivierung von Belegen und Daten werden auch unternehmenseigene Formate bzw. Formate des verwendeten Dateimanagementsystems
verwendet. Hierzu muss dann eine Konvertierung des Ursprungsdateiformats erfolgen. Nach Rdnr. 135 müssen grundsätzlich sowohl das Ursprungsdateiformat als auch die konvertierte Version
archiviert werden. Im Rahmen der Neufassung gibt es jedoch Erleichterungen, wonach unter bestimmten Umständen auf die Aufbewahrung der Ursprungsversion verzichtet werden kann. Die
Kriterien hierzu im Einzelnen:
- Durch die Konvertierung werden keine bildlichen oder inhaltlichen Veränderungen
vorgenommen und es gehen auch keine sonstigen aufbewahrungspflichtigen Informationen
verloren. - Die ordnungsgemäße und verlustfreie Konvertierung wird in der Verfahrensdokumentation
dokumentiert. - Die maschinelle Auswertbarkeit und der Datenzugriff durch die Finanzbehörde werden nicht
eingeschränkt, eine retrograde und progressive Prüfbarkeit muss sichergestellt sein.
Verwendung von Cloudtechnologien
In der Neufassung wurde klargestellt, dass die GoBD der Nutzung von Cloudsystemen grundsätzlich nicht entgegenstehen.
Verfahrensdokumentation
Für jedes buchführungsrelevante IT-System ist eine Verfahrensdokumentation zu führen. Die
Verfahrensdokumentation besteht aus einer allgemeinen Beschreibung, einer Anwenderdokumentation, einer technischen Systemdokumentation und einer
Betriebsdokumentation. Wenn die Änderungen in der Dokumentation stattfinden muss dies mittels Versionierung (Änderungshistorie) nachvollziehbar sein.
Tipp: Mittlerweile wird die Verfahrensdokumentation immer öfter von Betriebsprüfungen verlangt.
Auch wenn grundlegende Zweifel darüber bestehen, ob es für die Vorlage einer Verfahrensdokumentation überhaupt eine Rechtsgrundlage gibt (eine interessante Kontroverse
hierzu: Brete, DStR 2019, 258, mit Anmerkung von Hruschka), kann die Vorlage nur empfohlen werden, alleine schon um das Klima der Betriebsprüfung nicht zu belasten.
(Quelle: Spezialreport GoBD, Deubner Verlag, Thorsten Wagemann, Steuerberater, Dipl.-Wirtschaftsjurist)